Naw-Rúz

 

Gebete und Meditationen, Nr. 57 und 58

Er ist der Ewiglebende, der Ewigbeständige, der Selbstbestehende. Gott bezeugt die Einheit Seiner Gottheit und die Einzigartigkeit Seines Wesens. Auf dem Thron der Ewigkeit, von den unzugänglichen Höhen Seiner Stufe verkündet Seine Zunge, dass es keinen Gott gibt außer Ihm. Unabhängig ist Er von allen anderen und seit je Zeuge Seiner Einzigkeit, Offenbarer und Verherrlicher seines Wesens. Wahrlich, Er ist der Allgewaltige, der Allmächtige, der vollendet Schöne.

Er ist höchster Herr über Seine Diener und steht über Seinen Geschöpfen. In Seiner Hand ist der Quell aller Herrschaft und Wahrheit. Durch Seine Zeichen ruft Er die Menschen ins Leben und lässt sie sterben durch Seinen Zorn. Er darf nicht befragt werden über Sein Tun, und Seine Macht ist allem gewachsen. Er ist der Mächtige, der Allunterwerfende. In Seinem Griff hält Er das Reich alles Erschaffenen, und fest ruht in Seiner Rechten das Reich Seiner Offenbarung. Seine Macht umfängt wahrlich die ganze Schöpfung. Sein ist Sieg und Allgewalt. Sein ist alle Macht und Herrschaft. Sein ist Ruhm und Größe. Er ist wahrhaftig der Allherrliche, der Gewaltigste, der Unbedingte.

Preis sei Dir, den die Zungen aller erschaffenen Dinge seit Ewigkeit anrufen, ohne je zum Himmel Deiner ewigen Heiligkeit und Größe gelangen zu können. Die Augen aller Wesen sind geöffnet, die Schönheit Deines strahlenden Antlitzes zu schauen, und doch gelingt es keinem, in den Lichtglanz Deines Angesichts zu blicken. Die Hände der Dir Nahen sind seit der Begründung Deiner ruhmreichen Souveränität zu Dir erhoben, und doch ist keiner fähig, auch nur den Saum des Gewandes zu berühren, das Deine göttliche, Deine höchste Wesenheit kleidet. Aber niemand kann leugnen, dass Du seit je durch die Wunder Deiner großmütigen Gabenfülle über alles herrschest, dass Du die Macht hast, alles zu tun, dass Du allen Dingen näher bist, als sie sich selber sind.

Fern sei es darum Deiner Herrlichkeit, dass jemand Deine wundersame Schönheit anders schaue als mit Deinem Auge oder die Weisen, die Deine allmächtige Souveränität künden, anders höre als mit Deinem Ohr. Zu hoch erhaben bist Du für das Auge eines Geschöpfes, als dass es Deine Schönheit erblicke, oder für das Verständnis eines Herzens, als dass es die Höhen Deiner unermesslichen Erkenntnis ersteige; denn würden die Herzensvögel der Dir Nahen je befähigt, sich so lange aufzuschwingen, wie Deine überwältigende Souveränität dauert, oder emporzusteigen, solange das Reich Deiner göttlichen Heiligkeit währt, sie wären dennoch außerstande, die Schranken zu durchbrechen, welche die bedingte Welt ihnen auferlegt, oder deren Grenzen zu überschreiten. Wie kann da jemand, der schon bei seiner Erschaffung solchen Schranken unterworfen ward, zu Ihm, dem Herrn über das Reich alles Erschaffenen, gelangen oder in den Himmel Dessen aufsteigen, Der die Reiche der Erhabenheit und Größe beherrscht?

Verherrlicht, unermesslich verherrlicht bist Du, mein Meistgeliebter! Da Du als äußerste Grenze für alle, die ihr Herz zu Dir emporheben, das Bekenntnis ihrer Machtlosigkeit verordnet hast, das Reich Deiner heiligen, überragenden Einheit zu betreten, und als höchste Stufe für die, so Dich zu erkennen streben, das Eingeständnis ihrer Unfähigkeit, die einsamen Stätten Deiner erhabenen Erkenntnis zu erreichen, flehe ich Dich an, bei dieser von Dir geliebten Machtlosigkeit, von Dir zum Ziel bestimmt für alle, die an Deinen Hof gelangen, bei dem alle Dinge umflutenden Strahlenglanz Deines Antlitzes und bei den Energien Deines Willens, welche die gesamte Schöpfung bewirkt haben: Beraube die auf Dich Hoffenden nicht der Wunder Deiner Barmherzigkeit und versage den Dich Suchenden nicht die Schätze Deiner Gnade. Entzünde sodann in ihren Herzen die Fackel Deiner Liebe, damit deren Flamme alles verzehre außer ihrem wundersamen Gedenken an Dich und keine Spur in diesen Herzen bleibe außer den juwelengleichen, sichtbaren Beweisen Deiner heiligsten Souveränität, so dass aus dem Lande, darin sie wohnen, nur die eine Stimme zu hören sei, die Dein Erbarmen und Deine Macht preist, dass auf der Erde, darauf sie wandeln, nur das Licht Deiner Schönheit scheine und dass in keiner Seele etwas anderes zu entdecken sei als die Offenbarung Deines Antlitzes und die Zeichen Deiner Herrlichkeit, bis Deine Diener nur noch dartun, was Dir gefällt, und völlig mit Deinem machtvollsten Willen übereinstimmen.

Ruhm sei Dir, o mein Gott! Die Kraft Deiner Macht ist mein Zeuge! Ich kann keinen Zweifel hegen, dass die ganze Schöpfung zugrunde ginge und alle im Himmel und auf Erden in reines Nichtsein zurücksänken, wenn der heilige Hauch Deiner Gnade, der Odem Deiner großmütigen Gunst nur einen Augenblick lang aufhörte, über alles Erschaffene zu wehen. Verherrlicht seien darum die wundersamen Beweise Deiner überragenden Kraft! Verherrlicht sei die Gewalt Deiner erhabenen Macht! Verherrlicht sei die Majestät Deiner allumfassenden Größe, der belebende Einfluss Deines Willens! Deine Größe ist von solcher Art, dass, wolltest Du aller Menschen Augen in den Augen eines Deiner Diener sammeln, alle ihre Herzen in seinem Herzen zusammenpressen und ihn alles in sich schauen lassen, was Du durch Deine Kraft erschaffen und durch Deine Macht geformt hast, und wollte er dann bis in alle Ewigkeit über die Reiche Deiner Schöpfung und das Werk Deiner Hände in seiner ganzen Ausdehnung nachdenken – dass er dann unfehlbar entdeckte: Es gibt kein erschaffenes Ding, das nicht von Deiner allbezwingenden Macht überschattet und durch Deine allumfassende Souveränität belebt ist.

So sieh mich denn, o mein Gott, hingestreckt im Staube vor Dir, meine Ohnmacht und Deine Allmacht bekennend, meine Armut und Deinen Reichtum, meine Vergänglichkeit und Deine Ewigkeit, meine tiefste Erniedrigung und Deine unendliche Herrlichkeit. Ich erkenne, dass es keinen Gott gibt außer Dir, dass Du keinen Ebenbürtigen oder Gefährten hast, niemanden, der Dir gliche oder Dir gewachsen wäre. In Deiner unnahbaren Höhe bist Du seit Ewigkeit erhaben über den Lobpreis eines anderen außer Dir, und in alle Ewigkeit wirst Du in Deiner überragenden Einzigkeit und Herrlichkeit geheiligt sein über die Verherrlichung durch einen anderen als Dein Selbst.

Ich schwöre bei Deiner Macht, o mein Geliebter! Etwas Erschaffenes zu erwähnen, passt nicht zu Deinem erhabensten Selbst, und einem Deiner Geschöpfe ein Lob erteilen, wäre Deiner großen Herrlichkeit unwürdig. Nein, solche Erwähnung wäre reine Lästerung am Hofe Deiner Heiligkeit, und solches Lob wäre ein Vergehen angesichts der Beweise Deiner göttlichen Souveränität, bedeutete doch die bloße Erwähnung eines Deiner Geschöpfe, dass ihr Dasein vor dem Hofe Deiner Einheit und Einzigkeit behauptet würde. Diese Behauptung wäre offene Gotteslästerung, ein Akt der Gottlosigkeit, der Inbegriff der Ruchlosigkeit, ein mutwilliges Verbrechen. So bezeuge ich mit meiner Seele, meinem Geist und meinem ganzen Wesen:

Sollten sie, die Morgenröten Deiner Einheit, die Manifestationen Deiner überragenden Einzigkeit, sich so lange aufzuschwingen vermögen, wie Deine Souveränität dauert und Dein allbezwingendes Walten währt, könnten sie am Ende doch nicht einmal die Umfriedung des Hofes erreichen, darin Du den Strahlenglanz auch nur eines einzigen Deiner mächtigsten Namen offenbartest. Verherrlicht, verherrlicht sei darum Deine wundersame Majestät. Verherrlicht, verherrlicht sei Deine unerreichbare Erhabenheit. Verherrlicht, verherrlicht sei der Vorrang Deines Königtums, die Überlegenheit Deiner Gewalt und Machtvollkommenheit.

Die höchsten Fähigkeiten der Gelehrten und die Wahrheiten, die sie entdecken in ihrer Suche nach den Edelsteinen Deiner Erkenntnis, die klarsten Wirklichkeiten der Weltweisen und die Geheimnisse, die sie enträtseln bei ihren Versuchen, die Mysterien Deiner Weisheit auszuloten – all dies ist erschaffen durch die zeugende Kraft des Geistes, welcher der von Deinen Händen verfertigten Feder eingehaucht ist. Wie könnte so das von Deiner Feder Erschaffene fähig sein, jene Glaubensschätze zu erfassen, mit denen nach Deinem Befehl Deine Feder ausgestattet ist? Wie kann es um die Finger wissen, die Deine Feder umgreifen, um die barmherzigen Gnadengaben, die ihr verliehen sind? Wie kann es, bereits unfähig, diese Stufe zu erreichen, das Dasein Deiner Hand begreifen, welche die Finger Deiner Macht lenkt? Wie kann es Deinen Willen, der Deine Hand bewegt und antreibt, in seinem Wesen verstehen?

Verherrlicht, verherrlicht seiest Du, o mein Gott! Wie kann ich je hoffen, in den Himmel Deines heiligsten Willens aufzusteigen oder Einlass zu finden in das Heiligtum Deiner göttlichen Erkenntnis, wenn ich doch weiß, dass die Weisen und Gelehrten mit ihrem Verstand Deiner Hände Werk und seine Geheimnisse nie ergründen können – ein Werk, das selbst nur eine Schöpfung Deines Willens ist?

Preis sei Dir, o Herr mein Gott, mein Meister, mein Besitzer, mein König. Nun, da ich vor Dir meine Ohnmacht und die Ohnmacht alles Erschaffenen bekannt, meine Armut und die Armut der ganzen Schöpfung bekundet habe, rufe ich zu Dir mit meiner Zunge und den Zungen aller im Himmel und auf Erden; ich flehe Dich an mit meinem Herzen und den Herzen aller, die unter den Schatten Deiner Namen und Eigenschaften getreten sind: Verschließe uns nicht die Tore Deiner Gnade und Güte, lass es nicht zu, dass der sanfte Hauch Deiner freigebigen Gunst und Fürsorge aufhört, über unsere Seelen dahinzustreichen, lass es nicht zu, dass unsere Herzen mit einem anderen befasst sind als mit Dir oder dass unser Geist sich mit einem anderen Gedenken beschäftigt als mit Deinem Gedenken.

Bei der Herrlichkeit Deiner Macht, o mein Gott! Würdest Du mich zum König machen über Deine Reiche, mich auf den Thron Deiner Souveränität setzen, mir durch Deine Gewalt die Zügel der ganzen Schöpfung in die Hände legen, würdest Du dann bewirken, dass ich auch nur für weniger als einen Augenblick mit diesen Dingen befasst wäre und die wunderherrlichen Erinnerungen vergäße, die mit Deinem mächtigsten, vollkommensten, erhabensten Namen verknüpft sind, so bliebe meine Seele unzufrieden und meines Herzens Pein ungeheilt. Nein, ich würde mich in diesem Zustand als den Ärmsten der Armen, den Elendsten der Elenden erkennen.

Verherrlicht sei Dein Name, o mein Gott! Da Du mich diese Wahrheit erkennen ließest, flehe ich Dich an, bei Deinem Namen, den kein Pergament ertragen, den kein Herz sich vorstellen und keine Zunge künden kann – einem Namen, der so lange verborgen bleibt, wie Du Dein Wesen verhüllst, und so lange verherrlicht, wie Dein Sein gepriesen wird – entfalte, ehe das gegenwärtige Jahr sich seinem Ende neigt, die Zeichen Deiner unbestrittenen Überlegenheit und Deines Triumphes, damit die ganze Schöpfung durch Deinen Überfluss bereichert und durch den veredelnden Einfluss Deiner erhabenen Allmacht erhoben werde, und damit alle aufstehen, Deine Sache zu fördern.

Du bist wahrlich der Allmächtige, der Allhöchste, der Allherrliche, der Allunterwerfende, der Allbesitzende.

 

Aus: Days of Remembrance – Selections from the Writings of Bahá’u’lláh for Bahá’í Holy Days
Text 4 anlässlich Naw-Rúz, deutsch in: Gebete und Meditationen, Nr. 57 und 58